Eine SPD/UWG-Anfrage zur Gewaltbereitschaft führte zur Befragung von kreiseigenen Schulen. Vom Gymnasium Bersenbrück kam da z.B. die Rückmeldung, dass ca. 20-30 % der jungen Schülerinnen und Schüler auffällig sind beim Thema Gewalt. Wie groß ist das Gewaltproblem an den befragten Schulen und was sind die Gründe für Aggression und Gewalt? Mehr dazu in diesem Bericht der UWG-Kreistagsfraktion.

Die folgenden Ausführungen zur Gewaltbereitschaft an kreiseigenen Schulen beschränken sich vor allem auf die Auskünfte von Berufsbildenden Schulen (BBS) und Gymnasien. Hier zunächst die Antworten auf Fragen, die wir als SPD/UWG im Rahmen einer Anfrage an die Kreistagsverwaltung gestellt haben. Wie die Aussagen der Schulen insgesamt zu bewerten sind – mehr dazu am Schluss dieses Berichts.

Frage 1: Wie hat sich die Anzahl der gemeldeten Gewalttaten an den Schulen im Landkreis Osnabrück im Verlauf der Jahre entwickelt (von 2014 bis jetzt)?
Zu den Rückmeldungen der Berufsbildenden Schulen (BBS) sagt der Landkreis: „Die Erfahrungen der Schulen schwanken stark. Während sich die Fallzahlen an der BBS Bersenbrück von unter 5 im Schuljahr 2016/2017 auf 15 im Schuljahr 2024/2025 (bis März 2025) verändert haben, kann man die Anzahl an der BBS Brinkstraße sowie Melle auf deutlich unter 5 Fälle im Schuljahr zusammenfassen. Die BBS Melle hingegen verzeichnet ebenfalls einen Anstieg der Fallzahlen.“

„Probleme mit Aggressivität bereits in jüngeren Jahren als früher“.
Laut Landkreis-Vorlage wird am Gymnasium Bersenbrück beobachtet, dass ca. 20-30 % der jungen Schülerinnen und Schüler auffällig sind beim Thema Gewalt. Die IGS Bramsche ergänzt, „dass die Probleme mit Aggressivität bereits in jüngeren Jahren auftreten als früher. Das Greselius-Gymnasium Bramsche erklärt, dass eine niedrige Frustrationsschwelle herrscht und die Probleme mit Gewalt vor allem durch die Erziehung im Elternhaus auftreten.“

Frage 2: Welche Formen der Gewalt wurden gemeldet?
Dazu ist in der Ausschuss-Vorlage zu lesen: „Ein Großteil der Gewaltvorfälle kann als körperliche Auseinandersetzung/Gewalt zwischen Schülerinnen und Schülern gruppiert werden, in Ausnahmefällen unter „Waffeneinsatz“ (bspw. Messer). Ebenso spielt die Androhung von Gewalt auch gegenüber Lehrkräften eine größere Rolle. Hinzu kommt Sachbeschädigung/Vandalismus und Diebstahl von Schulinventar.“

An der BBS Bersenbrück: Fallzahlen aus rechter und homophober Überzeugung sind weiter angestiegen“.
Außerdem meldet die BBS Bersenbrück zurück, „dass subjektiv eine Verrohung der Umgangsformen erkennbar ist und die Brutalität der einzelnen Taten zugenommen hat. Zuletzt seien auch die „Fallzahlen aus rechter und homophober Überzeugung weiter angestiegen“. Die BBS Melle beobachtet, dass zwar die körperliche Gewaltbereitschaft der jungen Menschen nicht signifikant gestiegen ist, wohl aber der Einsatz „psychischer Gewalt“.

Frage 3: Welche Gründe liegen liegen der Gewaltbereitschaft zugrunde? Frust, Mobbing und vieles mehr.
Die BBS Bersenbrück hat sich dazu laut Vorlage umfassend geäußert, beginnend mit den Gründen für „Gewaltdelikte gegen Sachen (Sachbeschädigung, Vandalismus)“. Genannt werden da z.B.:
• Frust und Stressabbau: Schüler fühlen sich durch schulische oder persönliche Probleme überfordert und lassen ihren Frust an Gegenständen aus.
• Gruppenzwang und Mutproben: Einige Jugendliche beschädigen Schul- oder Privateigentum, um in einer Gruppe Anerkennung zu gewinnen. Hier wirken die „Sozialen Medien“ als Treiber.
• Unzureichende soziale Kontrolle: Wenn Schüler sich unbeobachtet oder nicht sanktioniert fühlen, steigt die Wahrscheinlichkeit für Vandalismus.“

Gewalt zwischen Schülern: Es werden auch „Konflikte in den sozialen Medien auf dem Schulhof ausgetragen“.
„Konflikte zwischen Schülern eskalieren oft“, so die Erfahrungen der BBS Bersenbrück, „wenn Einzelne ausgegrenzt oder wiederholt schikaniert werden. Hier spielen Herkunft und Fluchterfahrung eine zunehmende Rolle. So gibt es Auseinandersetzungen zwischen Deutschen mit Migrationshintergrund (Quakenbrück, Bramsche), seit 2015 Geflüchteten und Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, die als Flüchtlinge Erster Klasse wahrgenommen werden“. Eine Rolle spielen z.B. ebenfalls:
• Eifersucht und Konkurrenzdenken: Rivalitäten, z. B. um Noten, Anerkennung oder Beziehungen, können zu körperlichen Auseinandersetzungen führen.
• Gewalt als Problemlösungsstrategie: Schülerinnen und Schüler, die keine andere Konfliktlösung kennen, greifen eher zu körperlicher Gewalt. Daher spielt das soziale Milieu eine Rolle. In schwachen Klassen kommt es deutlich häufiger zu Gewaltdelikten […].
• Gruppenzwang und „Gangs“: Gruppendynamiken in problematischen Cliquen oder „Gangs“ können Gewalt gegenüber Mitschülern fördern. Dieses Phänomen ist mittlerweile geschlechterunabhängig.
• Gewalt gegen die eigene Person: Leider sei hier eine deutliche Zunahme aufgrund psychischer Probleme festzustellen.“

Lehrerinnen sind vor allem betroffen bei Schülern aus Milieus, die Frauen als Autoritätspersonen ablehnen.
Zum Aspekt Gewalt gegen Lehrkräfte liefert die BBS Bersenbrück ebenfalls ein Bündel an Gründen. Dazu gehört z.B., dass manche Schüler Autoritätspersonen grundsätzlich ablehnen und auf Ermahnungen oder Sanktionen mit Aggression reagieren. Dazu kommen Frustration über schlechte Noten oder Disziplinarmaßnahmen sowie Provokationen, um Lehrkräften gegenüber Macht zu demonstrieren bzw. um Grenzen auszutesten. Ein weiteres Problem: Mangelnde Erziehung und Respektlosigkeit, die zu einer Missachtung von Lehrkräften führen. Davon seien vor allem Lehrerinnen betroffen bei Schülern mit einer kulturelle Herkunft, bei der Frauen als Autoritätspersonen abgelehnt werden.

„Zurückgegangene Empathiefähigkeit, gesteigerter Hang zur Schadenfreude/Auslachen“.
Auch die BBS Haste hat sich zu Gründen für Konflikte an der Schule geäußert. Dazu gehören z.B. eine „geringere Hemmschwelle sowohl verbal als auch tätlich, gesunkener Respekt in allen Lebensbezügen, zurückgegangene Empathiefähigkeit und ein gesteigerter Hang zur Schadenfreude/ Auslachen sowie ein geringeres Verständnis/geringerer Sinn für Klassengemeinschaft trotz stärkeren Bemühens um die Förderung sozialer Kompetenzen durch gezielte Trainings.“

„Die Dunkelziffer ist wohl höher ist als die tatsächlich gemeldeten Taten“.
Zur Gesamtbewertung der Antworten der Schulen stellt der Landkreis fest, dass es keine einheitliche Datenerhebung zu Gewaltfällen an Schulen gibt; dass die Dunkelziffer wohl höher ist als die tatsächlich gemeldeten Taten und dass die Rückmeldungen Schlaglichter seien und in ihrer Gesamtheit keine Auswertung, die wissenschaftlichen Kriterien entsprächen. Aber auch wenn es nur „Schlaglichter“ sind, so zeigen die Aussagen der Schulen, dass großer Handlungsbedarf besteht. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die bestehenden Präventionskonzepte und Programme wie z.B. Streitschlichter oder Mediatoren ausreichen, um der Aggressions- und Gewaltentwicklung in ausreichendem Maße entgegenzuwirken.
Quelle:
1 www.pd-os.polizei-nds.de/startseite/dienststellen/polizeiinspektion_osnabruck/pravention/kinder_und_jugendliche/bereich-kinder-und-jugendliche-116539.html