Keine Sitzungen, aber viel Lesestoff für uns Kreistagsmitglieder zur Ferienzeit – und zwar zum wichtigen Thema Verkehr/Mobilität. Wie werden wir uns zukünftig im Landkreis von A nach B bewegen? Bedeuten Veränderungen, an die angesichts des sich verschärfenden Klimawandels kein Weg vorbei führen wird, einen Verzicht oder werden wir an Lebensqualität gewinnen? Dazu Detert Brummer-Bange, Vorsitzender der UWG-Kreistagsfraktion.

„Autos, Fahrrad, Bus & Bahn: Dass mich die Frage, wie wir uns im Landkreis Osnabrück von A nach B bewegen, schon über Jahre beschäftigt, zeigt auch meine Facebook-Seite. Wer im Alltag nahezu tagtäglich mit dem Fahrrad unterwegs ist, wie ich es vor allem bis 2021 in meinen 10 Jahren als Bürgermeister vor Ankum war, stellt fest: Autos über Autos und an den Wochentagen kaum Fahrrad-Verkehr.

Was die Mobilitätswende angeht, ist der Handlungsbedarf groß. Nach Angaben des Landkreises verursacht der Verkehrssektor hier mehr als 35 % der klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen (www.landkreis-osnabrueck-mobilitaet.de). Damit liegen wir über dem bundesweiten Anteil von etwa 20 % in 2020 und etwa 25 % vor der Pandemie in 2019.
Ausgangslage Punkt 1: Wir sind eine Auto-Hochburg. Im Schnitt 651 Autos pro 1.000 Einwohner.
Es dürfte niemanden überraschen zu hören, dass Autos im Landkreis eine herausragende Rolle spielen. Uns Kreistagsmitgliedern liegt seit dem 29. Juli als eine erste Diskussionsgrundlage ein gut 120 Seiten umfassender Zwischenbericht mit umfangreichen Analysen zu den einzelnen Verkehrsmitteln und zum Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger vor.

Zu den vielen Fakten, die diesem Bericht zu entnehmen sind, gehört: Im Schnitt gab es 2021 in den 34 Orten des Landkreises 651 PKW pro 1.000 Einwohner. In zwei Orten sind es sogar über 700 zugelassene PKW pro 1.000 Einwohner. Mit dieser PKW-Dichte liegt der Landkreis rund 14 % über dem Bundesdurchschnitt, in einzelnen Gemeinden sogar um 26 %.

Selbst bei kürzesten Strecken ist der PKW das Hauptverkehrsmittel.
Was die Auto-Nutzung angeht: Im Landkreis Osnabrück ist der PKW-Anteil an allen zurückgelegten Wegen deutlich höher als im Bundesdurchschnitt und auch deutlich höher als in den angrenzenden, teils ebenfalls ländlichen Kreisen. Umgedacht, ist festzuhalten, wurde bislang kaum, denn selbst bei kürzesten Strecken ab 1 km ist hier der PKW das Hauptverkehrsmittel.

Ausgangslage Punkt 2: Der Radverkehr fristet ein Schattendasein.
Mein Eindruck ist, dass es kaum einen Haushalt ohne Fahrräder gibt. Dennoch liegt der Anteil Radverkehr an allen zurückgelegten Wegen im Landkreis nur bei geschätzten 10 % – und damit unter dem Bundesdurchschnitt wie auch unter dem Wert der angrenzenden Regionen. Daraus ist zu schließen: Fahrräder nutzen die Menschen hier als Freizeitvergnügen. Im Alltag kommen sie kaum zum Einsatz. Sicher, für vieles ist das Auto nach wie vor unverzichtbar. Die Fakten zeigen aber auch: Selbst da, wo es im Alltag bereits anders ginge – bei kurzen Strecken – hinken wir Nachbarregionen hinterher, die schon weiter sind beim Umsteigen aufs Rad.

Umgestalten – für mehr Sicherheit von Radfahrern und Fußgängern.
Zu den Initiativen, Alternativen zum Autoverkehr zu bieten, gehört z.B. unser SPD-UWG Antrag im Kreistag aus dem Jahr 2020 zur Förderung von Lastenrädern. Mein UWG-Kollege Matthias Pietsch zeigt da immer wieder, wie viele Wege er inzwischen mit dem Lastenrad zurücklegt und welche kreativen Nutzungsmöglichkeiten so ein Rad bietet. In Deutschland nutzen aktuell rd. 2 % der Menschen ein Lastenrad. Da ist noch viel Luft nach oben – wie insgesamt beim Fahrradverkehr.

Um mehr Bürgerinnen und Bürger fürs Fahrradfahren zu gewinnen, braucht es so Entscheidendes wie mehr Sicherheit. Dass ,die Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr in allen Gemeinden weiter erhöht werden muss‘, ist auch eines der Ergebnisse der Bürgerdialoge. Zudem war der Großteil der Teilnehmenden an diesen Dialogen ,mit der Qualität der Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger unzufrieden und wünscht sich zudem mehr und bessere Radwegeverbindungen auch zwischen den Orten.‘

Der öffentliche Raum gehört bislang den Autos.
Eigentlich gehört der öffentliche Raum inklusive der Straßen allen Bürgerinnen und Bürgern. Die Realität sieht anders aus. Wer innerorts mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs ist, stellt sehr schnell fest: Man muss sich mit dem Raum begnügen, den einem der Autoverkehr lässt.
Der öffentliche Raum gehört den fahrenden und parkenden Autos. Dass das vielerorts zu Lasten der Sicherheit der Radfahrer und Fußgänger geht, ist sein Jahren bekannt. Große Sicherheits-Defizite zeigte z.B. 2021 eine Online-Umfrage der SPD in Bersenbrück. Bei dieser Umfrage fühlte sich eine Mehrheit als Radfahrer in der Stadt „nicht so sicher“ bzw. „unsicher“. Auch wenn diese Umfrage nicht repräsentativ war: Wer innerorts häufig mit dem Rad unterwegs ist, dürfte vielerorts immer wieder Unsicherheitserfahrungen machen.

Ein gleichberechtigtes Miteinander wäre ein Gewinn für alle.
Die Priorität für den Autoverkehr missachtet die Rechte anderer, die nicht minder schwer wiegen. Und so brauchen wir meines Erachtens einen Sinneswandel. Für die Zukunft muss gelten, dass alle Verkehrsteilnehmer, inklusive Fußgängerinnen und Fußgänger, Radfahrerinnen und Radfahrer, Nutzerinnen und -Nutzer des öffentlichen Verkehrs, ein gleichberechtigtes Miteinander leben. Dass z. B. Straßen auch für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer attraktiv sind, ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Menschen sich vermehrt fürs Radfahren und Zu-Fuß-Gehen entscheiden.

Ein nachhaltiges Mobilitätskonzept für den Landkreis.
Was unsere Mobilität angeht, sind Veränderungen unausweichlich. „Die nächsten 10-15 Jahre entscheiden, ob uns eine dauerhafte, grundlegende Verbesserung des regionalen Mobilitätssystems gelingt“ heißt es dazu von Seiten des Landkreises (www.landkreis-osnabrueck-mobilitaet.de). Sie muss gelingen!
Der Verkehrssektor verursacht im Landkreis Osnabrück nicht nur mehr als 35 % der Treibhausgas-Emissionen. Hinzu kommen die Belastungen durch Feinstaub, Lärm und Flächenverbräuche. ,Effizienter, sauberer, leiser, kurz: intelligenter – ein nachhaltiges Mobilitätskonzept für das gesamte Osnabrücker Land ist der Hebel, um unser Verkehrssystem fit für die Zukunft zu machen‘ – so der Landkreis zu den anstehenden Aufgaben. Es sind herausfordernde Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir durch eine erfolgreiche Bewältigung an Lebensqualität gewinnen.

Warum sollte der Verkehr der Zukunft nicht der sehr viel bessere sein?
Sich per Bus und Bahn chauffieren lassen, statt sich selbst auf den Verkehr zu konzentrieren zu müssen: Gibt es eine entspanntere Art von A nach B zu kommen, zur Arbeit, zur Schule, zum Arzt, zum Shoppingbummel in einen anderen Ort? Leise und saubere Autos, weniger Autos in den Orten, mehr Raum fürs Erleben, Flanieren, Genießen; mehr sicherer Raum fürs Radfahren, für Fußgänger und damit für mehr gesundheitsfördernde Bewegung und und und: Wer einmal in Ruhe bedenkt, welche Vorteile eine Abkehr vom bisherigen Verkehr mit sich bringt, kann m. E. nur zu dem Schluss kommen, dass diese Abkehr erstrebenswert ist und allen Rückenwind verdient.

Es braucht noch sehr viel, bis wir uns im Landkreis gut und anders als bislang von A nach B und insgesamt im öffentlichen Raum bewegen können. Weit entfernt sind wir nicht nur von einem flächendeckenden, eng getakteten, verlässlichen öffentlichen Nahverkehr sondern von vielem mehr. So gehört z. B. zu den Ergebnissen der Bürgerdialoge der Wunsch nach einem ,einheitlicheren, wesentlich einfacherem und günstigerem Ticketsystem im ÖPNV‘.

Um bei der Mobilitätswende voranzukommen, braucht es Rückenwind und Zukunftsoptimismus. Warum sollte der Verkehr der Zukunft nicht der sehr viel bessere sein? Er wird der bessere sein. Davon bin ich zutiefst überzeugt und darum werden meine UWG-Kollegen und ich uns für ein nachhaltiges Mobilitätskonzept engagieren – wünschenswerterweise beflügelt vom Rückenwind vieler Bürgerinnen und Bürger.“