PV-Anlagen: Kreistags-Grüne als Bremser

Gaskrise, Energiepreiskrise, Klimakrise: Ernster könnte die Lage kaum sein. Der Kreistag hätte in seiner jüngsten Sitzung für eine zügige Solar-Offensive bei kreiseigenen Gebäuden und Flächen stimmen können. Es kam anders. Die Bremser waren die Kreistags-Grünen sowie ihre politischen Partner CDU und FDP/CDW. Worum es ging: Dazu das UWG-Kreistagsmitglied Matthias Pietsch.

Matthias Pietsch am Kreishaus in Osnabrück vor dem Eingang zu den Sitzungssälen.

Ein schwarzer Tag in Sachen Energiesicherheit und Bewältigung der Klimakrise.

„Energie einsparen, mehr Tempo bei erneuerbaren Energien: Seit Wochen beherrschen die Energiekrise und ihre Folgen die Nachrichten. Wie schneller wegkommen vom Gas? Es gelte, insbesondere bei Sonne und Wind den ,Planungs- und Genehmigungsturbo zu starten‘, sagte mein UWG-Kollege Detert Brummer-Bange in der jüngsten Kreistagssitzung am 11. Juli – und zitierte damit aus einem Papier der Landtags-Grünen vom 30. Juni.

Im Kreistag erlebten wir jedoch völlig anderes von den Grünen: Statt den Turbo in Sachen Photovoltaik auf landkreiseigenen Gebäuden und Flächen zu starten, bremsten sie gemeinsam mit der CDU sowie FDP/CDW eine zügige Solar-Offensive aus.

Die Energiewende zu beschleunigen, ist wichtiger denn je. Darin sind sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Rehme (links) und der UWG-Fraktionsvorsitzende Detert Brummer-Bange einig. UWG und SPD bilden im Kreistag zusammen die Gruppe SPD/UWG.

Was zu den Tagesordnungspunkten „Maßnahmen für den Weg zur Klimaneutralität“ und „Solaranlagen auf kreiseigenen Gebäuden und Flächen“ gegen unsere UWG- und SPD-Stimmen beschlossen wurde, machte den 11. Juli aus unserer Sicht zu einem schwarzen Tag in Sachen Beschleunigung der Energiewende und Verbesserung der Energiesicherheit. Dabei lag Gutes auf dem Tisch.

Sofort loslegen und alle geeigneten landkreiseigenen Gebäude mit Solar-Anlagen ausstatten: Dafür hätte es in der Kreistagssitzung grünes Licht geben können. Keine Zustimmung dazu von Grünen, CDU, FDP/CDW.

Die Chance, schnell voranzukommen, wurde vertan.

Am 2. Juni wurde an alle Fraktionen eine Vorlage verschickt mit 5 konkreten Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen. Laut einer dieser Maßnahmen sollten alle geeigneten Dachflächen landkreiseigener Gebäude mit PV-Anlagen ausgestattet werden, und zwar kurzfristig, bis Ende 2023. So hätte es kommen können und müssen in diesen Krisenzeiten. So kommt es aber nicht.

Dass PV auf allen geeigneten Gebäuden kurzfristig verwirklicht wird, dieser Text ist leider vom Tisch – ebenso wie unser SPD/UWG-Antrag, die großen kreiseigenen Parkplatzflächen mit Solar-Paneelen zu überdachen und auf allen geeigneten kreiseigenen Gebäuden Solar-Anlagen zu installieren. Der Grund dafür: Ein gemeinsamer Antrag von Bündnis90/Die Grünen, CDU, FDP/CDW.

Kurzfristig verwirklichen: So stand es in der am 2. Juni verschickten Vorlage der  „Maßnahmen für den Weg zur Klimaneutralität“ des Landkreises. Das ist leider vom Tisch.

Aller Dringlichkeit zum Trotz: Grüne, CDU, FDP/CWD setzten ihren ausbremsenden Antrag durch.

Es ist bedauerlich, dass der Livestream der Kreistagssitzung vom 11. Juli nicht länger online ist. Wäre er es, könnte sich jeder ein eigenes Bild davon machen, warum ich z. B. dafür plädiert habe, dass unverzügliches Handeln erforderlich ist angesichts des  Energieversorgungsdesasters; warum ich festgestellt habe, dass der Antrag von Bündnis90/Die Grünen, CDU, FDP/CDW ein Verzögerungsantrag ist, der nur dazu führen wird, dass der Landkreis zum Nachzügler wird beim Ausbau von Photovoltaik.

Matthias Pietsch (UWG) plädierte in der Kreistagssitzung am 11. Juli intensiv dafür, dass angesichts des Energieversorgungsdesasters unverzügliches Handeln erforderlich ist. Die Sitzung wurde per Livestream übertragen.
 

Auf die lange Bank schieben, weil es dann vielleicht billiger wird.

75.000 qm Fläche gibt es auf den landkreiseigenen Gebäuden, und der Landkreis hat bereits damit begonnen, Solar-Anlagen zu errichten. Am 11. Juli hätte der Kreistag grünes Licht dafür geben können, dass jetzt auch alle anderen geeigneten Dachflächen in größtmöglichem Tempo mit Solaranlagen ausgestattet werden. Satt dessen wurde ein Stopp-Schild aufgestellt: Nach dem Willen von CDU, Grünen und FDP/CDFW soll die Verwaltung erst einmal eine Priorisierung vornehmen.

Eine sehr ernst Lage: Der grüne Bundeswirtschaftsminister Habeck muss auf Kohlekraftwerke setzen. Und im Kreistag wird unter Mitwirkung der Grünen eine zügige Solar-Offensive ausgebremst.

Installiert werden sollen Anlagen zunächst nur dort, wo sie besonders wirtschaftlich sind. Es würden ja ohnehin Handwerker fehlen, so der CDU-Kollege Bernhard Strootmann, und man bekäme jetzt nur überteuerte Angebote. Also abwarten, bis es irgendwann einmal billiger wird – während die Energienot im Lande wächst und wächst?

Je mehr Zeit verstreicht, desto geringer die Chance, bei Photovoltaik voranzukommen.

Wir bekommen nur zu hören, was nicht geht und was gegen ein schnelles Handeln spricht, so unser Fraktionsvorsitzender Detert Brummer-Bange. Kein Material, keine Handwerker – dass dem so ist, bestritt er, der gerade erst für eine größere Photovoltaikanlage bei sich zu Hause Angebote eingeholt hatte, aus eigener Erfahrung.

In dem Papier „Energiemanagement & Energiewende“ werden die Vorteile von Photovoltaik dargestellt (Abbildung 3, Seite 8). Quelle und ©: Landkreis Osnabrück

Würden Material und Handwerker knapp, so meine SPD-Kollegin Monika Abendroth, dann müsse erst recht sofort losgelegt werden, dann ,sollten wir ganz schnell bestellen‘. Es wird nicht schnell bestellt: Gegen unsere UWG- und SPD-Stimmen wurde der ausbremsende Photovoltaik-Antrag von CDU/Grüne, FDP/CDW angenommen.

Energie-Beratung: Hausbesitzer schauen in die Röhre.

Damit nicht genug. Grüne, CDU, FDP/CDU strichen auch 2 der 5 vom Landkreis vorgesehenen Maßnahme-Prioritäten zur Verringerung von Treibhausgasen. Darunter die Maßnahme ,Erweiterte Energieeffizienzberatungen für Hausbesitzer‘. Für diese Maßnahme spricht, so der Landkreis, die ,hohen Relevanz bei der Treibhausgas-Bilanz‘. Sie hat sogar den höchsten Ranking-Wert bei der Treibhausgas-Bilanz.

Beratung von Hausbesitzern: Diese so wichtige Maßnahme wurde aus der Liste der 5 prioritären Maßnahmen gestrichen. Quelle und ©: Landkreis Osnabrück,   „Maßnahmen für den Weg zur Klimaneutralität“ des Landkreises.

Häuser sanieren, ineffiziente Heizsysteme verringern: Viele Hausbesitzer sind daran interessiert, aber Berater sind knapp. Da wollte der Landkreis gegensteuern mit dem Ziel, neue, zusätzliche Energieberater kurzfristig zu erschließen. Im Ergebnis würde der gesamte Prozess zu einer Steigerung der Sanierungsquote und Energieeffizienz führen sowie zur Verringerung der ineffizienten Heizsysteme im bestehenden Gebäudebestand. 1.900 Beratungen sollten zusätzlich finanziert werden.

Trotz des höchsten Ranking-Werts bei der Treibhausgas-Bilanz sagten Bündnis90/Die Grünen, CDU, FDP/CDW NEIN zu dieser Maßnahme. Wichtiger war ihnen die Maßnahme ,Prozessbegleitung bei aktuellen Nahwärme-Entscheidungen‘ – obwohl die im Ranking weit hinter der Maßnahme ,Erweiterte Energieeffizienzberatungen für Hausbesitzer‘ liegt.

Großes Energiespar-Potential durch energetische Sanierungen – wenn denn gut geplant wird. Darauf weist das Bundesumweltamt hin. Quelle und ©: www.umweltbundesamt.de/tags/energetische-gebaeudesanierung

,Unverantwortlich‘. Namentliche Abstimmung.

Die Beratung rauszunehmen und damit ein großes Potential zurückzustellen, sei ,unverantwortlich‘, so der SPD-Kollege Volker Beermann. Das sehen auch wir als UWG so. Nicht nachvollziehbar ist für uns auch, warum aus den 5 Prioritäten die Maßnahme ,Entwicklung einer Wasserstoffstrategie für den Landkreis‘ herausgenommen wurde. Vorgezogen wurde durch das Votum von Grünen, CDU und FDP/CDW eine Maßnahme, die nach der Bewertung durch den Landkreis nur auf Rang 9 stand. Es handelt sich um die Maßnahme ,Systematisches Audit über derzeitige Nutzung von Handlungsmöglichkeiten im eigenen Wirkungskreis‘. 

Man habe bei den Prioritäten ,nachgeschärft‘, sagte dazu Jürgen Ebert (Bündnis90/Die Grünen).

Wir von der  Gruppe SPD/UWG haben uns in der letzten Kreistagssitzung gemeinsam dafür engagiert, dass schneller mehr für die Energiesicherheit und den Klimaschutz getan wird.

Was die Energiewende- und Klimaschutzwirkung angeht, wurde der Maßnahme-Katalog jedoch ,abgeschliffen‘, so unsere UWG- und SPD-Position. Das Ende der Geschichte: Unser Antrag, den Prioritäten-Katalog in seiner ursprünglichen Fassung zu verabschieden, wurde in einer von uns beantragten namentlichen Abstimmung abgelehnt. Zu den Nein-Sagern gehörten auch die anwesenden grünen Mitglieder des Kreistags.

,Verzögerungstaktiker‘ statt Antreiber bei Photovoltaik.

Den Ausbau der Solar-Energie ,massiv vorantreiben‘ heißt es im Klimaschutzsofort-Programm der Grünen für Niedersachsen. Nichts davon war in der Kreistagssitzung am 11. Juli zu erleben. Im Gegenteil –  und so habe ich von der ,Transformation der grünen Fraktion hin zu Verzögerungstaktikern‘ gesprochen.

Die Grünen und ihre neuen Bündnispartner: Am 11. Juli die Bremser beim Klimaschutz. Quelle und ©: www.noz.de/lokales/artikel/jamaika-plus-neues-mehrheitsbuendnis-im-osnabruecker-kreistag-42351424

Dass die am 18. Juni verkündete neue Allianz aus CDU, Grünen, FDP/CDW auch innerhalb der Grünen umstritten ist, ist ein offenes Geheimnis. Wenn sich Bündnis90/Die Grünen in dieser Allianz nicht einmal in dieser massiven Krisenlage damit durchsetzen können (oder wollen), den Ausbau der Solar-Energie auch im Landkreis massiv voranzutreiben, bei welchen Klimaschutz-Themen werden sie sich dann durchsetzen? Das fragen nicht nur wir uns. Das dürfte sich auch mancher an der grünen Basis fragen.“