Ob Spaziergänger oder Jogger: Im Wald fotografiert oder gar gefilmt zu werden, ohne es zu ahnen, damit rechnen wohl die wenigsten Menschen. Aber der Einsatz von Wildkameras steigt und steigt. Sind Kameras in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Waldes überhaupt erlaubt? Dazu Detert Brummer-Bange, der Vorsitzende des Kreistagsausschusses für Feuerschutz, Integration und Ordnung.
„Im März dieses Jahres war in Medienberichten zu lesen, dass im Kreis Cloppenburg mehrere Jagdpächter Diebstähle von Wildkameras zur Anzeige brachten. Von bis zu 80 Fällen war die Rede. 80 gestohlene von wie vielen Kameras insgesamt? Das weiß, und zwar bundesweit, scheinbar niemand.
Ich habe im Internet nur vereinzelt Schätzungen gefunden. So schätzte 2018 in Mecklenburg-Vorpommern der Landesforstverband, dass bei rund 4000 Jagdbezirken mehrere Tausend Kameras in den Wäldern hängen (Quelle: siehe 1). Es ist davon auszugehen, dass es seitdem nicht weniger, sondern mehr geworden sind.
Ein Erfassungsbereich von 20m und mehr. Tag und Nacht.
Immer mehr Waldbesitzer und Jagdpächter überwachen ihre Wald- bzw. Pachtflächen mit Tierbeobachtungskameras (sogenannten Wildkameras), schrieb der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen bereits 2019 in seiner Orientierungshilfe „Videoüberwachung mit Wildkameras“ (Quelle: siehe 2). Der Einsatz von Wildkameras hat sich etabliert, hieß es 2021 im digitalmagazin der Zeitschrift Niedersächsischer Jäger (Quelle: siehe 3).
Man muss im Internet nicht lange suchen, um festzustellen, dass sich Wildkameras bei Jägern großer Beliebtheit erfreuen. Mehr und mehr zudem Funk-Wildkameras, die per Mobilfunk Bilder aufs Handy senden. Die Bilder oder Videos werden zumeist durch Bewegung ausgelöst und es wird so lange aufgezeichnet, bis die Bewegung stoppt. Die Reichweite beträgt bei Top-Kameras, die auch schon unter 200 € zu bekommen sind, 20m und mehr. Erfasst wird alles, was sich bewegt, ob Mensch oder Tier. Und da wird es problematisch oder gar illegal.
Ein Wald ist grundsätzlich immer und überall zugänglich.
Waldflächen, das gilt auch für Privatwald, dürfen grundsätzlich von jedermann betreten werden, das ergibt sich aus dem NWaldLG, § 23 „Recht zum Betreten“. Davon gibt es nur wenige Ausnahmen. Wenn behauptet wird, dass sich Bürgerinnen und Bürger im Wald nur auf den Waldwegen aufhalten dürfen, dann entspricht das nicht den Tatsachen. Grundsätzlich darf sich jeder in freier Landschaft und damit auch im Wald, ob tagsüber oder nachts, auch abseits der Wege bewegen.
Kameras: „Grundsätzlich unzulässig“. „Nur in Ausnahmefällen“.
Im Unterschied zu Tieren im Wald haben Menschen, was Foto- und Videoaufnahmen angeht, jedoch Rechte, so das Recht am eigenen Bild. Dazu ist in der Orientierungshilfe des Landesbeauftragten für den niedersächsischen Datenschutz zu lesen: „Ein Einsatz von Wildkameras stellt dabei immer einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen dar, die von der Überwachung erfasst werden. Eine Videoüberwachung in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Waldes ist daher grundsätzlich unzulässig und kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.“
„Das Interesse an einem unbeobachteten Aufenthalt in der freien Natur ist besonders hoch einzuschätzen“.
In der Orientierungshilfe heißt es weiter: „Auch wenn im Einzelfall der Einsatz einer Wildkamera für die Wahrung berechtigter Interessen bzw. Zwecke erforderlich sein sollte, ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Waldbesucher überwiegen.“ Das Interesse an einem unbeobachteten Aufenthalt in der freien Natur sei besonders hoch einzuschätzen.
Und so gilt grundsätzlich: Wenn denn der Einsatz einer Wildkamera im Einzelfall berechtigt ist, muss die Kamera technisch so eingestellt sein, dass keine Videosequenzen, sondern nur Einzelbilder aufgenommen werden, und zwar mit einigen Sekunden Abstand. Die Auflösung der Kamera sollte gering sein.
Tief aufhängen. Warnschilder in ausreichender Menge und Größe aufstellen.
Wird eine Wildkamera angebracht, müssen zudem rundum ausreichend Schilder angebracht werden, um Menschen auf die Überwachungssituation aufmerksam zu machen. Und zwar in ausreichender Größe und Zahl. Nur ein Schild reicht in der Regel nicht, denn Menschen nähern sich zumeist nicht nur aus einer Richtung dem überwachten Bereich. Dass vielfach keine Schilder angebracht werden, wird damit begründet, dass die Schilder auf eine Kamera aufmerksam machen, die dann möglicherweise gestohlen wird. Nun schreibt der Datenschutz aber unmissverständlich das Anbringen von Schildern vor.
Das Thema auf die Tagesordnung setzten.
Mir scheint es mir geboten, dass wir uns im Kreistagsausschuss für Feuerschutz, Integration und Ordnung von der Verwaltung darüber informieren lassen, wie es im Landkreis Osnabrück um den Einsatz von Wildkameras und die Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben bestellt ist. Geboten ist, eine Balance zu finden zwischen den Interessen derjenigen, die Kameras anbringen möchten, und dem Recht und den Interessen von Erwachsenen wie Kindern auf eine unbeobachtete Freude am Wald.“
Quellen:
1 www.nordkurier.de/regional/mecklenburg-vorpommern/mehrere-tausend-wildkameras-in-mv-1208602
2 https://lfd.niedersachsen.de/startseite/themen/videouberwachung/videoueberwachung-175953.html
3 www.digitalmagazin.de/marken/niedersaechsischer-jaeger/hauptheft/2021-18/jagdausruestung/038_immer-auf-sendung