Fragen an das UWG-Kreistagsmitglied aus Glandorf. In unserer kleinen Reihe ,Wer sind die Menschen, die die Bürgerinnen und Bürger für die UWG in den Kreistag gewählt haben‘, folgt auf Matthias Pietsch aus Melle (mehr dazu hier) – und Detert Brummer-Bange (mehr dazu hier) nun mit dem Realschullehrer Sebastian Gottlöber das dritte und mit seinen 41 Jahren jüngste Mitglied der UWG-Fraktion.
Ein Kreistagsabgeordneter und Lehrer, der bei Hochzeiten, Betriebsfeiern und vielen anderen Festivitäten als DJ auflegt und für Partystimmung sorgt – das gibt es nicht allzuoft. Woher die Leidenschaft für die Musik und dafür, als DJ unterwegs zu sein?
„Meine Leidenschaft für Musik“, so Sebastian Gottlöber, „habe ich definitiv von meiner Großmutter, die Musiklehrerin war, geerbt und von meinem Vater, der selber über 30 Jahre Livemusik auf Hochzeiten gemacht hat. Spaß macht mir aber nicht nur das Auflegen. Ich tüfftle auch gerne und habe z.B. in den letzten Monaten viel Freizeit damit verbracht, meine Technik für das Hochzeitspaket umzubauen.
Was Musik schafft, das ist mir in den letzten Monaten nochmals sehr bewusst geworden. Ich habe mir ein paar nostalgische Wochenenden gegönnt und mich mit der alten Plattensammlung meines Vaters beschäftigt. Das war irgendwie eine Zeitreise in meine Kindheit. Das Knistern der Platten, auch mal ein Springer… Ich habe mich dem Damaligen so nah gefühlt, als wäre es gestern gewesen. Und genau das ist es, was Musik eben auch schafft: Sie schafft Erinnerungen und Emotionen.“
Zu den einschneidenden Erfahrungen eines Menschen gehört, einen geliebten Menschen zu verlieren. Sebastian Gottlöber wurde mit dem Thema Sterben aber noch auf ganz andere Weise konfrontiert. Wie kam es dazu, dass er Stammzellenspender wurde?
„Mein Vater starb, als ich 23 Jahre alt war. Etwa zur gleichen Zeit erkrankte ein junger Mann, der mich über die Vereinsarbeit sehr geprägt hat, an Leukämie. In so einem Fall kann eine Transplantation von Stammzellen eine Chance auf Leben ermöglichen. Damals, das war 2005, gab es eine Typisierungsaktion in der Ludwig-Windthorst-Schule in Glandorf und so kam ich in die deutsche Knochenmarkspenderdatei.
„Ich habe es als Geschenk empfunden“.
Für den an Leukämie Erkrankten wurde glücklicherweise ein Spender gefunden und sein Leben konnte gerettet werden. 10 Jahre später wurde ich dann völlig unerwartet zur Hoffnung auf Leben. Plötzlich vor der Situation zu stehen, möglicherweise ein Leben retten zu können, das war schon ein besonderes Gefühl. Ich habe es als Geschenk empfunden, dass ich derjenige sein könnte.
Meine Stammzellenspende ging nach Amerika. Leider hat der Erkrankte, wie ich Jahre später erfahren habe, nicht überlebt. Viele Menschen werden jedoch gerettet, und darum hoffe ich darauf, dass sich weiterhin Jahr für Jahr viele Menschen typisieren lassen. Die Vereinsarbeit, in die ich einst in Glandorf involviert war, war auch der Grund dafür, mich ehrenamtlich politisch zu engagieren.
Angefangen hat für mich alles damit, dass ich im Alter von 20 Jahren Sprecher der Jugendverbände war. Das war ein Posten, den es inzwischen nicht mehr gibt. Für die Jugendverbände gab es eine bestimmte Summe Geld, die auf die einzelnen Verbände zu verteilen war. Wir sind da aus unserer Sicht sehr schlecht behandelt worden. Ich bin dann 2004 als Nachrücker in den Gemeinderat eingezogen. Erneut kandidiert habe ich in den Jahren danach wegen der mit einem Ratsmandat verbundenen Möglichkeiten, konkret etwas zu verändern und für die Bürgerinnen und Bürger sowie im Austausch mit ihnen zu gestalten. Es ging mir aber auch um einen anderen Politikstil.
Als ich 2004 in den Rat kam, lag der Stimmenanteil der CDU bei über 72% und unser UWG-Anteil bei 9,7 %. Wir haben die absolute Mehrheit, basta – so ging es damals zu. Wortbeiträge anderer Ratsmitglieder wurden nur zu gerne herablassend kommentiert. Gut gebrüllt, Löwe, habe ich da z.B. einmal zu hören bekommen. In solchen Sprüchen drückte sich auch die Haltung aus: Wir nehmen Euch gar nicht ernst. Dass dem nicht mehr so ist, liegt sicher auch daran, dass sich die Kräfteverhältnisse in Glandorf deutlich verschoben haben. Bei der Wahl im Jahr 2021 kam die CDU nur noch auf 42,5 % und wir als UWG auf 34,3 %.“
„Das war eine alles andere als leichte Entscheidung“.
„Es waren drei Gründe“, sagt Sebastian Gottlöber, „die den Ausschlag dafür gaben. Der erste Grund: über viele Jahre Energie beim Heizen einzusparen. Wichtig war mir zudem, energetisch weitgehend autark zu sein. Etwas für den Klimaschutz zu tun, spielte ebenfalls eine Rolle, aber das macht mich nicht zum Klimasschutz-Musterknaben. So gehören zu meinem ökologischen Fußabdruck z.B. auch Flüge in den Urlaub.
Sich für ein Passivhaus zu entscheiden war allerdings eine alles andere als leichte Entscheidung. Besonders gut gedämmte Wände und Dachflächen, dreifach verglaste Fenster, eine Lüftungsanlage, die nur wenig Wärme nach außen entweichen lässt und reichlich Solarenergie vom Dach – das alles kostet.
Die um 15% höheren Baukosten waren eine große finanzielle Belastung. Ich habe einige Jahre lang immer wieder mal damit gehadert, ob es tatsächlich eine gute Entscheidung war, ein Passivhaus zu bauen. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den damit verbundenen Folgen für die Energieversorgung in Deutschland ist es aber schon ein gutes und entlastendes Gefühl, in einem energiemäßig weitgehend autarken Eigenheim zu leben.“
Der Fachkräftemangel ist auch immer wieder mal Thema im Kreistag, dem Sebastian Gottlöber seit 2011 angehört. Beruflich arbeitet er als Lehrer an der Realschule in Bad Iburg. Als Fachbereichsleiter Arbeit-Wirtschaft-Technik und als Verantwortlicher für Berufsorientierung steht er dort am Anfang des Weges von Jugendlichen ins Berufsleben. Wie sieht so eine schulische Berufsorientierung aus?
„Die Berufsorientierungsprozesse sollen Schülerinnen und Schülern z. B. dabei helfen, ihre Eignungen, Neigungen, Stärken und Schwächen zu erkennen und sich mehrfach in unterschiedlichen Berufsfeldern und Berufen zu erproben. Ich bin zwar der Verantwortlicher für Berufsorientierung, aber an der Berufsorientierung sind alle beteiligt. Das ist eine Aufgabe für die gesamte Schule und sie umfasst für die Jahrgänge 8, 9 und 10 ein sehr umfangreiches Maßnahmenpaket
„Berufsorientierung by doing“, Handwerk hat goldenen Boden.
Zu den vielen Maßnahmen gehörte z.B. die Umgestaltung einer 50qm-Fläche unseres Schulhofs zu einer Gartenoase mit Sonnenschutz, Sitzgelegenheiten, einer Natursteinmauer, Hecken usw. Zu dem Projektteam gehörten Schülerinnen und Schüler aus dem Profilkurs Technik des 9./10. Jahrgangs sowie Ausbilder und Azubis zweier Betriebe.
Berufsorientierung by doing war das Ziel dieses Projekts, und das war eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Die Akteure kamen wie von selbst über die Berufe ins Gespräch, es wurde Bleibendes für die Schulgemeinschaft geschaffen und es entstanden aus diesem Projekt zwei Ausbildungsverhältnisse. Handwerk hat goldenen Boden, das sagte man früher und das gilt meines Erachtens auch weiterhin und sogar mehr denn je.“