Bis zu 37 Grad in unserer Region im letzten Juli: Weil Hitzewellen aufgrund des Klimawandels immer häufiger auftreten, wird im Landkreis Osnabrück ein Hitze-Aktionsplan erarbeitet. Gefragt sind da auch Ideen, Einschätzungen, Erfahrungen von Bürgerinnen und Bürgern. Einbringen können die sich noch bis zum 30. Mai online unter landkreis-osnabrueck.de/umfrage-hitze
Braucht der Landkreis einen Hitze-Aktionsplan und bedarf es größerer Anstrengungen zur Erreichung der Klimaziele? Dazu das UWG-Kreistagsmitglied Matthias Pietsch. Er ist auch Mitglied im Ausschuss Umwelt und Energie. „Dass wir in unserer Region in diesem Jahr recht feuchte und normaltemperierte Frühlingsmonate hatten, verführt nach meiner Erfahrung so manchen zu der Annahme, dass wir zu viel Gewese machen um den Klimawandel und dass es schon nicht so schlimm kommen wird, wie wissenschaftliche Expertisen skizzieren.“
„Alles halb so schlimm? Ich empfehle den Blick über den Tellerrand, auf die weltweiten Extremwetterlagen, allen voran die Dürre. Rekorddürren in diesem Jahr in Italien, Frankreich, Spanien sowie anderen Teilen der Welt wie z. B. in Argentinien und Uruguay. Allein in Ostafrika sind mehr als 36 Millionen Menschen von Dürre betroffen und akut vom Hunger bedroht. Zu den zahlreichen Folgen von Dürre und Trockenheit gehören auch die Waldbrände.“
Mit Mut und Tatkraft handeln – lehrt uns die bisherige Entwicklung.
„Um nur ein Beispiel zu nennen: 2022 war das verheerendste Waldbrand-Jahr in Spanien seit Beginn der Aufzeichnungen. Über 300.000 Hektar Wald wurden vernichtet – und schon im März diesen Jahres brannten die ersten 3.000 ha Wald nieder. Katastrophal ist die Lage in diesem Mai in Alberta (Kanada), wo laut Berichten bereits etwa 375.000 (!) ha Land abgebrannt sind. Das entspricht in etwa der Größe Mallorcas (364.000 ha).“
„Es gibt die Faustformel, nach der ein Hektar Wald pro Jahr ca. 6 Tonnen des so klimaschädlichen Treibhausgases CO2 speichert. Mit jedem Hektar abgebrannter Wald geht uns also ein natürlicher CO2-Speicher verloren – was den Klimawandel weiter verschärft.“
Dass und wie der Klimawandel auch hier Wirkung zeigt, erfährt, wer z.B. die Facebook-Seite meines Kreistagskollegen Detert Brummer-Bange verfolgt. Er ist Landwirt und erlebt beim Bewirtschaften des Ankumer Bioland-Hofs seit Jahren die Folgen der Trockenheit.“
„Welche Pflanzen wachsen noch? Wird die Ernte geringer ausfallen? Können die Tiere auf der Weide grasen oder ist alles verdorrt? Soweit ich das zurückverfolgen konnte, ist das Trockenheitsproblem bei Detert Brummer-Bange schon seit 2017 ein Thema und danach quasi jedes Jahr aufs Neue. Was wir bislang schon als Folgen des Klimawandels erleben, sollte uns eines lehren: Mit Mut und Tatkraft zu handeln.“
„Im Kreistags-Ausschuss für Umwelt und Energie wurde im Februar letzten Jahres das Landkreis-Team Klima und Energie vorgestellt. In der Präsentation dazu wird nachdrücklich vor den Folgen einer Erderwärmung von mehr als 2 Grad gewarnt. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) vom Frühjahr diesen Jahres steuert die Welt mit den bisherigen Zusagen zur Einsparung von Treibhausgasen allerdings auf einen Temperaturanstieg von bis zu 2,6 Grad zu. Es besteht also dringender Handlungsbedarf – beim Klimaschutz und beim Schutz vor den Folgen des Klimawandels.“
Gesundheitsrisiken durch Hitze: Hitzeaktionsplan als Prävention.
Nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) sind im Sommer 2022 etwa 4500 Menschen in Deutschland aufgrund der Hitze gestorben. Wie dem Problem begegnen? Teil des Hitze-Aktionsplans, der derzeit im Landkreis erstellt wird, könnten z. B. Maßnahmen sein wie Hitze-Besuchsdienste oder die Einrichtung von öffentlichen ,Abkühlräumen‘, mehr Wasserspender in Schulen, Einrichtungen, im öffentlichen Raum usw.
Matthias Pietsch: „Wir haben als Gruppe SPD/UWG z.B. 2022 den Antrag gestellt, die großen kreiseigenen Parkplatzflächen mit Solar-Paneelen zu überdachen – eine Maßnahme, bei der gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Es wäre ein Beitrag zur Beschleunigung der Energiewende im Landkreis gewesen und zudem, wie unser Fraktionsmitarbeiter Falk Landmeyer in den Niederlanden erlebte, eine Hitzeschutz-Maßnahme.“
„Was jedoch in der Kreistagssitzung im Juli 2022 zu den Tagesordnungspunkten „Maßnahmen für den Weg zur Klimaneutralität“ und „Solaranlagen auf kreiseigenen Gebäuden und Flächen“ gegen unsere UWG- und SPD-Stimmen beschlossen wurde, machte den 11. Juli aus unserer Sicht zu einem schwarzen Tag in Sachen Klimaschutz. Die Bremser waren die Kreistags-Grünen sowie ihre politischen Partner CDU und FDP/CDW. Mehr dazu hier.
Zur Notwendigkeit eines Hitzeaktionsplans und zum Stand der Dinge in dieser Sache teilt der Landkreis in einer Pressemitteilung mit: Handlungsbedarf bestehe nicht nur für Ältere und Pflegebedürftige. Es sei auch für Menschen mit Behinderung, Kleinkinder oder Obdachlose gefährlich, wenn die Temperaturen die 30 Grad Celsius-Marke deutlich überschreiten und die Nächte zu warm seien, um für spürbare Abkühlung zu sorgen. Aber auch für Menschen, die täglich im Freien arbeiten, könne die Hitze schnell zu einer unerträglichen Belastung werden.
Sich einbringen per Umfrageplattform.
Wer sich als Bürgerin und Bürger einbringen möchte in den Prozess der Erarbeitung des Hitzeaktionsplans, kann das tun. Dafür wurde unter landkreis-osnabrueck.de/umfrage-hitze eine Umfrageplattform eingerichtet, die nach persönlichen Einschätzungen und Erfahrungen fragt. Interessierte können bis zum 30. Mai Wünsche und Vorschläge äußern und eigene Ideen einbringen.“
Das positive Signal aus Melle: Packen wir’s an!
„Mir fehlt in diesen klimabewegten Zeiten vielfach noch, was beispielsweise auf dem Meller Klimafest zu erleben war: eine rundum konstruktive Atmosphäre. Wir haben am 6. Mai in Melle ein Festival guter Klimaideen mit Kunst und Kultur für die ganze Familie erlebt. Weniger Energie und weniger Rohstoffe verbrauchen, die Kraft von Sonne und Wind nutzen, die Natur schützen und stärken: Wir packen’s an, war das Signal, das von diesem Klimafest ausging.
Bundesweit sehe ich derzeit leider anderes, z.B. bei der derzeitigen CDU-Kampagne gegen den, wie es dort heißt, „Heizung-Hammer“ der Ampel. Da wird vor allem Stimmung gemacht, werden Wut und Unmut mobilisiert, werden Ängste verstärkt. Eine konstruktive und verantwortungsbewusste Politik, wie wir sie angesichts der Dringlichkeit der Probleme dringend bräuchten, sieht aus meiner Sicht anders aus.
Ängste und Sorgen ernst zu nehmen heißt für mich: Alle Energie darauf zu verwenden, konstruktiv, konkret und sachlich Wege aufzuzeigen, wie z.B. die Wärmewende gelingen kann. Was das Tempo der gebotenen Veränderungen angeht, rächt sich auch bei der Wärmewende leider bitterlich, dass in den 16 Merkel-Jahren viel zu wenig getan wurde, um der Erderwärmung entschieden entgegenzuwirken.“