Kreistag: Sitzungs-Endspurt 2023

Schäbig, wie CDU, Grüne & Co den ADFC ausbooten: Dieses Kapitel der letzten 4 Wochen Kreistagsarbeit kann bei engagierten Ehrenamtlichen wie den Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs nur Politikverdrossenheit befördern. Außerdem: Wird’s in 2024 weiterhin Livestreams geben? Zum Endspurt 2023 ein Bericht der UWG-Kreistagsfraktion.

Aktuell eine Ausschuss-Sitzung nach der anderen. Die letzte Kreistagssitzung des Jahres findet am 11. Dezember statt. © landkreis-osnabrueck.

Mit der Kreistagssitzung am 11. Dezember geht für die Mitglieder des Kreistags die politische Arbeit dieses Jahres zu Ende. Überraschenderweise steht in der Sitzung des Ausschusses für Planen und Bauen (23. November) ein Antrag der Mehrheits-Kooperation CDU/Grüne/FDP/CDW für ein Radverkehrskonzept und eine Koordinierungsstelle Radwege auf der Tagesordnung. Warum überraschenderweise?

Eingangsstempel 20. März: Mit diesem Schreiben setzt sich die ADFC-Mitgliederversammlung einstimmig für ein Radverkehrskonzept und eine Koordinierungsstelle ein. Monatelang tat sich jedoch nichts.

Der erste Schritt von CDU, Grünen, FDP, CDW: Vertagung.

Die Fakten: Bereits vor Monaten (am 20. März) forderte der ADFC (der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e. V. ) die Kreispolitik zur Erstellung eines Radverkehrskonzepts und der Einrichtung einer Koordinierungsstelle auf. Bei der SPD/UWG-Gruppe trat man damit offene Türen ein. Die zwei Fachausschusssitzungen und die zwei Kreistagssitzungen, die dem 20. März folgten, hätten genutzt werden können, um Beschlüsse zu fassen. Doch immer wieder wurde das Thema durch die CDU-geführte Mehrheits-Kooperation vertagt.

Kreistagssitzung 9. Oktober: Laut Verwaltung sollte das ADFC-Anliegen Radwegekonzept aufgegriffen und realisiert werden, aber die CDU-geführte Mehrheit stimmte für Vertagung.

Plötzlich eine Sache der CDU-geführten Mehrheit und nicht länger des ADFC.

Mit der Vorlage der Kreisverwaltung zur letzten Kreistagssitzung am 9. Oktober hätte man wenigstens mit der Erarbeitung eines Radverkehrskonzepts beginnen können. Aber der entsprechende Tagesordnungspunkt wurde durch die Mehrheitskooperation abgesetzt. Warum? Man solle das Thema, so Johannes Koop (CDU),  im Zuge der Haushaltsberatungen positionieren. Kam es so? Es kam anders.

Im Oktober: Kritik von unserer Gruppe SPD/UWG an der Vertagung. Inzwischen hat sich gezeigt, welches Spielchen die CDU-geführte Mehrheitsfraktion spielt.

Ausgebootet: Der ADFC wird mit keinem einzigen Wort erwähnt.

Nicht einmal 4 Wochen nach der Sitzung am 9. Oktober reichte die CDU-geführte Mehrheitskooperation einen Antrag mit dem Titel „Radverkehrskonzept und Koordinierungsstelle Radwege“ ein. Gefordert wird im Kern, was der ADFC forderte – nur kommt der ADFC in dem Antrag mit keinem einzigen Wort vor. Die folgenden 4 Screenshots zeigen, dass sich CDU, Grüne und Co. die Anliegen des ADFC (Radwegekonzept und Koordinierungsstelle) einfach zu eigen machen.

Der erste Satz im Schreiben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC).
Der erste Satz im Antrag von CDU, Grüne, FDP, CDW.
Forderung Koordinierungsstelle im Schreiben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC).
Antrag CDU, Grüne, FDP, CDW: Forderung Koordinierungsstelle.

So wird ehrenamtliches Engagement mit Füßen getreten.

Dieses Vorgehen ist für manchen politischen Beobachter ein CDU-typisches politisches Spielchen: Man macht sich eine Sache, nachdem man sie zunächst verschoben oder abgelehnt hat, später zu eigen – um sich dann den Einsatz für diese Sache ans eigene Revers zu heften. Ein solches Vorgehen bedeutet jedoch: Das große ehrenamtliche Engagement der ADFC- Mitgliederversammlung, die sich an den Landkreis wandte, mit Füßen zu treten. Unsere Haltung: Die Ehre für das Engagement für ein Radwegekonzept und eine Koordinierungsstelle gebührt allein dem Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Club (ADFC).

UWG-Kreistagsmitglied Matthias Pietsch (rechts) 2022 auf Radtour in Melle: Der ADFC Osnabrück hatte im Vorfeld der Landtagswahl in verschiedenen Orten, darunter auch Melle, Touren organisiert, an denen die Kandidaten für die Landtagswahl sowie Politiker des Bundestages und Lokalpolitiker teilnahmen. © uwg

Am 11. Dezember noch ein Livestream – und wie geht’s dann weiter? CDU auf der Bremse.

Der Livestream der Kreistagssitzungen ist nur noch bis Ende diesen Jahres gesichert. Ginge es nach unserer UWG-Fraktion, würde es den Livestream weiterhin geben. Und nicht nur das: Er stünde auch über die Sitzung hinaus zur Verfügung, denn wer hat schon an einem normalen Arbeitstag um 15 Uhr Zeit, um der Sitzung zu folgen. Ginge es nach uns, wäre auch die Ausgestaltung eine andere: Dann gäbe es nicht nur die eine, eng begrenzte starrte Kameraposition, sondern man sähe auch mehr vom Plenum, z.B. bei Abstimmungen.

Den 1. Livestream einer Sitzung des Kreistags des Landkreises Osnabrück gab es am 11. Juli 2022. Einen Erfahrungsbericht gibt es unter uwg-lkos.de/342-stunden-livestream-wie-kam-er-an/

Andernorts ist es durchaus so, wie wir fordern, aber hier steht vor allem die CDU auf der Bremse.

An einer Ratssitzung teilzunehmen, ohne vor Ort sein zu müssen, das ist für uns als UWG die moderne Variante des Gebots, dass Politik in der Demokratie eine öffentliche Angelegenheit ist. Und wir sind auch gehalten – Stichwort Barrierefreiheit – allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Ratssitzungen zu ermöglichen. Per Livestream können z. B. auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, das politische Geschehen verfolgen. Darum ist der Livestream aus unserer Sicht ein großer Gewinn in Sachen Bürgernähe, Bürgerbeteiligung, Transparenz und Barrierefreiheit. Ob, wann und in welcher Ausgestaltung es ihn in 2024 geben wird, dazu gibt es derzeit noch keinerlei Infos.

Beispiele Groß-Gerau: Dort steht der Livestream auch über die Sitzung hinaus zur Verfügung. Es gibt auch keine starre Kameraposition und so sind auch mal Kreistagsmitglieder zu sehen wie hier in der Sitzung am 9. Oktober 2023. Der Landkreis Groß-Gerau ist kleiner als der Landkreis Osnabrück. Quelle und ©: www.youtube.com/watch?v=vXe-rJ3zGho&t=3002s

Zu einer der Livestream-Übertragungen wurde uns an Zahlen genannt, dass es 457 Zugriffe von unterschiedlichen IP-Adressen gab und dass über 70 Bürgerinnen und Bürgergleichzeitig den Livestream der Sitzung verfolgten. Das ist aus unserer Sicht ein Gewinn für die Demokratie – aber der könnte sicher noch deutlich größer sein, wenn die Einschränkung entfallen würde, dass der Livestream nur während der laufenden Sitzung zur Verfügung steht.